Ein Grundsatzkommentar zu dem Projekt der Re-Vitalisierung des Schulgartens der Nehring-Grundschule und seiner Einordnung

Von Conrad Bölicke

Hier klicken für Aktuelles zum Schulgarten: Zwei Tage körperlicher Arbeitseinsatz und erster Honig!

 

Erstmals Gegenstimmen

Der Vorschlag des Vorstandes auf der letzten Generalversammlung für das Schulgartenprojekt die sehr stark gestiegenen Materialkosten für den wetterfesten Unterstand mit Mitteln aus dem Klima- und Generationen-Zukunftsfonds abzufedern, fand zwar eine große Mehrheit, erstmals gab es aber auch Gegenstimmen. Für zwei Mitglieder führte die Antragsannahme zur Begründung für ihren Austritt aus der Genossenschaft. In ihrer Argumentation sollten Mittel aus dem Fonds nur für das Themenfeld Olivenöl vergeben werden.

 

arteFakt war immer mehr als nur „Olivenöl“

Von Anbeginn der Gründung habe ich arteFakt nicht nur als Entwickler und Förderer guter und authentischer Olivenöle und ihrer Oliviers verstanden. Auch in zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte, insbesondere für Kinder und Jugendliche, haben wir uns mit eingebracht oder sie auch initiiert, sowohl im Lebensbereich unserer Partner-Oliviers als auch in unserem hier in Deutschland. Die Anregungen der Projekte kamen oft aus dem Kreis der Olivenölfreunde und heute auch von Mitgliedern der Genossenschaft.

Neben der solidarischen Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft für die Sache des Olivenöls war und ist unser zivilgesellschaftliches Engagement wichtiger Bestandteil. Einen Olivenbaum pflanzt man nicht für sich, sondern zum Nutzen der nachfolgenden Generation, so nennen das seither die Oliviers.

Das Schulgartenprojekt war dabei eher einem Zufall geschuldet, dieser ist hier nachzulesen.

 

Selbstorganisationsfähigkeit einer Zivilgesellschaft

Es war von Anbeginn meine unternehmerische Haltung, erwirtschaftete Gewinne nicht an mich privat auszuschütten, sondern sie zu teilen. So habe ich das als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter in der Zeit von arteFakt als GmbH gehalten, und so ist es mit dem Übergang in die Genossenschaft in der Satzung fortgeschrieben. Gewinne habe ich immer als von allen Beteiligten gemeinsam erwirtschaftet angesehen und sie daher nicht nur in die Unternehmung re-investiert, sondern gern auch in die Gemeinschaft pro-investiert. Für mich war und ist das mehr als nur Idealismus. Die Stärke und Resilienz einer sich freiheitlich und demokratisch orientierenden Gesellschaft sehe ich nicht nur in ihrer politischen und juristischen Verfasstheit, sondern besonders auch in ihrer zivilgesellschaftlichen Fähigkeit, sich selbst zu organisieren. In einer Zeit, in der sich vieles wird ändern müssen, um unsere eine Welt, die wir nur haben, in Balance zu halten, wird das essentiell sein.

Mit der Herausbildung eines neuen und eigenen Marktes in der Erzeuger-Verbrauchergemeinschaft für eine andere Art von „Nativem Olivenöl Extra“ und gegen die zerstörerischen Auswirkungen des jahrzehntelangen und noch anhaltenden Betruges, haben wir etwas von dieser möglichen Stärke aufzeigen können. Nicht in jedem Land wäre das „erlaubt“ gewesen und geschafft haben wir das nicht nur mit der besonderen Qualität unserer Olivenöle. Wesentlich war es die Aufbruchstimmung der achtziger und neunziger Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts die Dinge des Lebens nicht nur anders, sondern auch selber machen zu wollen. Und von Anbeginn ging es mit der Gründung von arteFakt daher auch um das Erreichen ökonomischer Eigenständigkeit zur Finanzierung formulierter Utopien. Günter Faltin, Berliner Professor für Ökonomie und Entrepreneurship, benannte die eigene Unternehmung der Teekampagne anfangs als „Projektwerkstatt für kreative Ökonomie“, die er nicht als Umgehung von Besteuerungen erzielter Gewinne verstand. Vielmehr sah er ein Defizit bei Gründern und Gründerinnen, die sich lange und gründlich mit ihren Produkt- und kreativen Unternehmensideen beschäftigten, nicht aber ebenso mit einer dazu passenden neuen Idee der Ökonomie. Das hatte ich aus meiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Teekampagne mitgenommen und arteFakt daher auch ökonomisch als gesellschaftliches Gemeinschaftsprojekt zu entwickeln versucht. Die ökonomische Grundlage von arteFakt besteht daher nicht nur aus dem Verkauf von Olivenöl, sondern auch aus solidar-ökonomischen Modulen gemeinschaftlichen Handelns und der Mitnutzung unserer betrieblichen Infrastruktur dafür. Die Auskünfte 2023 bilden das recht ausführlich ab. Damit finanzieren wir diese Projekte nicht über die Preise, der von uns angebotenen Produkte, sondern haben parallel dazu eine Art Sozialökonomie geschaffen. Lange schon zählt z.B. der Ein-Euro-Museumstaler dazu, die Patenschaftsübernahme der Olivenbäume und noch neu das3 in 1–Konzept“ für Projekte, aktuell mit dem Angebot von schwarzem Reis.

Frei nach Josep Beuys, dem ich einen weiteren Gründungsimpuls verdanke, kann eine Unternehmung auch eine „Soziale Skulptur“  sein, die dann gesellschaftlich mehr abbildet, als nur den Verkauf von Waren zu organisieren.

 

… und was ist Reichtum?

Auch bei John Ruskin, englischer Schriftsteller, Ökonom, Künstler und Sozialutopist (1819-1900), schöpfte ich bei der Gründung, kulminiert in seiner Formulierung: „Ein gutes Produkt ist nicht dann ein gutes, wenn es sich nur leicht verkaufen lässt. Ein gutes Produkt soll das Leben bereichern und verschönern, daher darf sich alles Wirken nicht nur auf den Verkauf des Produktes richten, sondern muss weit darüber hinaus bis ins Leben reichen – denn nur Leben ist Reichtum“. Seit fünfundzwanzig Jahren machen wir uns das zu eigen und investieren daher auch in zivilgesellschaftliche und kulturelle Handlungsfelder, über das Olivenöl hinaus. Im Schwerpunkt sind es Projekte, hier bei uns und in den Ländern und Regionen unserer Partner-Oliviers, für Kinder und Jugendliche zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, in denen durch praktische Teilhabe ihre Fähigkeit zur Selbstermächtigung gefördert wird.

 

Kann es einen Schulgarten nur geben, wenn er staatlich finanziert wird?

In meiner Kindheit, in den 1950iger Jahren, war das so. Welche Schule hat heute aber noch einen Schulgarten, Mittel zu seiner Unterhaltung und Personal ihn zu betreuen? Und wäre er angesichts der Klima- und Ernährungsproblematik, denen die nächsten Generationen nicht mehr wird ausweichen können, wieder sehr wertvoll? Die Aussicht auf staatliche Hilfen zu ihrer Einrichtung sind gering und warum entdeckt die Elternschaft an der Nehring-Grundschule ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation dafür nicht? Vielleicht weil wir uns in den langen Jahren der Wohlstandsentwicklung so daran gewöhnt haben, viele Dinge nicht mehr selbst zu organisieren, sondern sie vom Staat zu bekommen und jetzt auch zu fordern, statt selbst tätig zu werden, es also schlicht verlernt haben? Eigentlich ist es doch ein trauriges Bild, wenn man die Freude der Kinder in dem Schulgarten sieht, dass es bisher nicht gelungen ist, die Eltern der Kinder für eine Mithilfe bei dessen Revitalisierung zu gewinnen. Z.B. mit unserem Modell des Ein-Euro-Museumstalers, mit dem wir seit Jahren unsere Landschaftsmuseen mitfinanzieren. Ein Euro wäre für Jeden möglich und es ist immer wertvoller von 1.000 Menschen nur einen Euro zu erhalten als 1.000 Euro von nur einem. Vielleicht werden es jetzt die Kinder sein, die mit ihrem Lehrer und unserer Unterstützung ihren Eltern den Wert der Selbstorganisationsfähigkeit aufzeigen. Frank Schmidt fehlten 1.500 Euro Eigenmittel, um sich an einem Bienenförderprogramm für Berliner Schulen beteiligen zu können. Bei einem Jahreshaushalt von nur 300 Euro für den Schulgarten war das nicht zu schaffen. Wir halfen aus und mit den zwei Bienenvölkern, die jetzt im Schulgarten leben, verlieren die Kinder nicht nur ihre Angst vor Bienen, sondern lernen auch wichtige Zusammenhänge der Natur. Und mit dem Verkauf der ersten 20 Kilogramm geerntetem Honig beginnen sie sich ihre Haushaltsmittel selbst zu erwirtschaften.

Für Veränderungen, die allen auch etwas abfordern, braucht es oft zunächst enthusiastische und engagierte Persönlichkeiten, die bereit sind, gegen Beharrungskräfte auch allein zu beginnen. Auch wir haben in den zurückliegenden 25 Jahren solche Hilfen erfahren. Gern unterstützen wir daher Menschen, die sich auf den Weg machen über notwendige Veränderungen nicht nur zu reden, sondern sie auch anzupacken suchen.

Wir haben nur diese eine Welt und erleben gerade wie fragil sie geworden ist. Um für all die großen und komplexen Herausforderungen zukunftsfähige Lösungsansätze zu finden, bedarf es nicht nur der Politik, sondern vielmehr einer unternehmerisch befähigten und solidarisch gefestigten Zivilgesellschaft. In dem in Kürze erscheinenden Bericht des Weiterbildungstreffens mit unseren Oliviers und Fachexperten in Andalusien wird das wegen der Klimasituation ein wichtiges Thema sein.

Auch hier haben wir, wie im Gesellschaftlichen und Politischen, keinen Einfluss auf das Weltklima, können aber beginnen, das Mikroklima mit der Rückführung unseres Handelns im Einklang mit der Natur zu beeinflussen. Zusammen können wir „Leuchtturmprojekte“ daraus entwickeln und Nachbarn, die jetzt noch skeptisch sind, zum Mitmachen anregen und damit dann Einfluss auf regionale Klimata erlangen. Es wird ein langer Weg voller Schwierigkeiten und vieler Experimente werden, diese unsere eine und einzige Welt, die wir in einen labilen Zustand haben kommen lassen, in Balance zu halten. Das wird nur gemeinsam gehen, weshalb ich die GmbH in die Genossenschaft überführt und darin manches in der Präambel und der Satzung festgeschrieben habe, was arteFakt in den letzten 25 Jahren geprägt und ausgemacht hat. U.a. zählt die Gewinnverteilung dazu, die zur Bildung des „Klima- und Generationen-Zukunftsfonds“ geführt hat. 30% der Gewinne der Genossenschaft müssen laut Satzung an den Fonds abgeführt werden und über deren Verwendung entscheidet die Generalversammlung der Mitglieder. Die Intention des Fonds ist es, die nachfolgenden Generationen zu ermutigen und dabei zu unterstützen, sich ihren Zukunftsfragen auf praktische Weise mit Vorhaben und Experimenten zu stellen. Mit dem bisherigen ganzheitlichen Ansatz von arteFakt, lässt sich das nicht immer nur eng auf Olivenöl beschränken.

Eine Entwicklung bei der arteFakt sich nur auf das Thema Olivenöl und seinen Vertrieb verengen würde, halte ich nicht für zukunftsfähig. Die normative Wirkung eines derart verengten Blickes führt schnell zu anderen Effizienskriterien, denen des Handels, die sich dann an der Optimierung des Verkaufs ausrichten und nicht mehr darüber hinaus bis ins Leben reichen würden.

 

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Genossenschaft-Mitglieder-Rundbrief vom 2. Juni 2023

Guten Tag liebe Mitglieder,

mit dem Juni endet die erste Phase der Olivenölkampagne, in der traditionell vielfach die für beide Seiten ökonomisch und ökologisch günstigere Variante der Bestellung eines Jahresvorrats in Großpackungen genutzt wird. Bis Ende des Monats macht sich dieser Vorteil preislich noch besonders bemerkbar und ab Juli gelten dann die leicht erhöhten Preise unseres „Normalbetriebes“. Schauen Sie mal rein, vielleicht nutzen sie den Preisvorteil bis Ende Juni noch zum Ergänzen Ihrer Vorräte.

In gewisser Weise ist der Juni auch immer die Halbzeit der Olivenölkampagne und die Zeit für eine Zwischenbilanz. Im Jubiläumsjahr lassen die Einflüsse der multiplen Krisen es leider nicht recht zu, das Jahr mit freudiger Leichtigkeit zu begehen. Äußere Faktoren, die uns wohl länger als gewünscht begleiten werden und auf die wir wenig bis gar keinen Einfluss haben, fordern uns auf neue Art heraus.

 

Die 23. Olivenöl-Abholtage wieder in alter Form

Nach den Jahren der Coronapause konnten wir die Olivenöl-Abholtage wieder ohne Einschränkungen und mit nur passiven Vorsorgemaßnahmen durchführen. Flankiert von zwei sonnigen Tagen stellte sich damit schnell die gelöste und freudige Stimmung früherer Zeit zwischen Erzeugern und Verbrauchern über das Wiedersehen und den direkten Austausch wieder ein.

Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Besucher und Besucherinnen deutlich an, was die Wirtschaftlichkeit der Veranstaltung verbesserte, aber noch nicht die früheren Zahlen aus der Zeit vor der Pandemie erreichte. Die vielen positiven Rückmeldungen und die merkliche Zahl erstmaliger und jüngerer Besucher und Besucherinnen ermutigen uns an dem Format festzuhalten und es weiter zu entwickeln. Die Sonderausstellung „Proteine – wie wir sie in Zukunft essen“, die wir in Zusammenarbeit mit Slow Food und regionalen Startups präsentierten, war dafür ein guter Anfang, sie wurde mit großer Neugier und Offenheit angenommen.

Das jährliche Weiterbildungstreffen der Oliviers kann wieder stattfinden

Nach der längeren Zwangspause werden wir uns vom 8. bis 12. Juni wieder mit allen Oliviers und Fachexperten für einige Seminartage treffen können. Gastgeber ist dieses Mal Jose Gálvez aus der Region Jaen in Andalusien, der das würzige Olivenöl No.13 der Picual-Oliven und das feinfruchtige aus der Hojiblanca erzeugt. Wenn wir uns dort treffen wird José gerade aus Kanada zurückgekommen sein, wo er zwei hohe Auszeichnungen für seine Olivenöle in Empfang nehmen konnte.

Unser jährliches Treffen, bei dem sich Oliviers verschiedener mediterraner Länder und Regionen zum Erfahrungsaustausch und der Verabredung gemeinsamer Entwicklungsziele treffen, ist immer noch eine einmalige Besonderheit. Neben den Qualitätsthemen zur Stabilität und damit der Haltbarkeit der Olivenöle und der MOSH/POSH-Problematik (siehe aktuelle Auskünfte 2023), stehen die Auswirkungen des Klimawandels und der Möglichkeiten, wie wir diesem begegnen könnten, im Mittelpunkt des Treffens. Zur Einflussnahme auf das Mikroklima der Olivenhaine befassen wir uns dafür schon länger mit der Projektierung einer Oliven-Kreislaufwirtschaftsmühle und der Agroforstwirtschaft. Auf dem Treffen, zu dem wir entsprechende Experten eingeladen haben, möchten wir zur Verabredung weiterer konkreter Versuchsprojekte kommen. Mit ihnen möchten wir den Aufbau einer eigenen Kompetenzinfrastruktur fördern, mit der wir uns dann auch an größere und mit öffentlichen Mitteln geförderte Projekte heranwagen können. Hierüber werden wir nach dem Treffen ausführlich berichten und auch Möglichkeiten einer Beteiligung der Mitglieder und der arteFakt-Freunde aufzeigen.

Umsatzrückgang und Klimaschäden der Olivenblüten

Mit den kürzlichen Bildern in den Nachrichten waren die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels mit zu hohen Temperaturen und zu großen Regenmengen in vielen mediterranen Regionen zu sehen. Alle Oliviers berichteten bereits bei den Olivenöl-Abholtagen, dass sie damit für das kommende Jahr leider erneut mit einer eher nur geringen Ernte rechnen müssen. Die Wetteranomalien erfassten die Blütezeit der Olivenbäume, so dass langer und heftiger Regen viele Blüten faulen und enorme Hitze von bis zu 40°C sie vertrocknen ließen. Es hoffen nun alle, dass die Zeit bis zur Ernte halbwegs normal verläuft, damit die noch intakten Blüten sich zu stabilen Oliven entwickeln können. Bei unserem Treffen in Andalusien werden sie uns genaueres über die Entwicklung berichten.

Auch die Berichte über das derzeitige Konsumverhalten der Verbraucher und Verbraucherinnen in Deutschland füllen seit Wochen die Medien. Die vielfache Zurückhaltung, insbesondere beim täglichen Konsumbedarf, oder ein Ausweichen auf preisgünstigere Varianten, geht auch an uns nicht vorbei. Aktuell verzeichnen wir eine Zunahme der Nachfrage unseres Basic- und Brat-Olivenöls und insgesamt einen Umsatzrückgang von ca. 8%. Unser junges Team steht damit gleich zu Beginn seines Starts in die Verantwortungsübernahme zur Gestaltung der arteFakt-Zukunft für die nächste Generation vor größeren Herausforderungen als vorhersehbar. Das wird uns auch als Gemeinschaft herausfordern und wie seit über fünfundzwanzig Jahren werden wir das in solidarischem Mit- und Füreinander mit kreativen Ideen zu meistern suchen.

In diesem Sinne sehe ich der vor uns liegenden zweiten Phase der Olivenölkampagne mit einiger Zuversicht entgegen.

Mit genossenschaftlichen Grüßen
Ihr

Conrad Bölicke

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Genossenschaft-Mitglieder-Rundbrief vom 28. März 2023

Guten Tag liebe Mitglieder,

am Sonnabend fand in Hamburg die dritte Generalversammlung statt und erstmals in hybrider Form, was aus technischer Sicht für die digitale Teilnahme sehr gut und ohne Störungen gelang. Für die Teilnahme vor Ort können wir das leider nicht vermelden, wegen des Ausfalls der Heizung wird die Versammlung leider wohl auch als Zumutung in Erinnerung bleiben. Wir bedanken uns bei allen, dass sie es trotz der Widrigkeit so tapfer mit durchgestanden haben.

Mit der Gleishalle aus der Zeit der früheren Hafenanlagen, im heutigen Entwicklungsprojekt des neuen Kreativ- und Kultur-Quartiers im Hamburger Oberhafen, hatten wir für die Generalversammlung einen spannenden Ort gewählt. Logistisch war er leicht und herausfordernd zugleich. Die Gleishalle liegt nur einen kurzen Fußweg vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt und liegt direkt neben dem Hobenköök, der Markthalle mit Restaurant, dem Projekt unseres langjährigen Freundes Thomas Sampl, der auch Mitglied unserer Genossenschaft ist. Herausfordernd ist die Gleishalle, weil sie zum Ausgang der Gleise hin offen ist und für die Zeit des Sitzens während der Generalversammlung die Zufuhr von Wärme benötigt. Eine gebuchte Großzelt-Luftstromheizung sollte das lösen können, woraufhin wir den Kontrakt für die Veranstaltung abschlossen. Der Vertragspartner hatte seine Zusage leider nicht eingehalten und die Heizung nicht bis zum Beginn der Versammlung geliefert und so standen wir vor der Wahl sie ausfallen oder trotzdem beginnen zu lassen. Wir führten sie dann bei einer Temperatur von 14 °C durch, was alle motivierte sie schnell „über die Bühne“ bringen zu wollen. Das hatten wir uns natürlich anders vorgestellt und für das Jahrestreffen gern allen einen längeren und wärmeren Austausch gewünscht.

Die Ausstellung

Mit einer Ausstellung im Vorlauf der Generalversammlung stellten wir die zentralen Projekte und aktuellen Vorhaben aus und ihre Betreuer*innen stellten sich der Auskunft und dem Gespräch. Mit der Ausstellung erprobten wir eine Vorform der Idee eines lebendigen und informativen arteFakt-Genossenschaftstages in Verbindung mit der Generalversammlung für die Zukunft. Von den Teilnehmer*innen wurde das interessiert aufgenommen, es kam zu guten Gesprächen mit Tipps, Anregungen und Angeboten zur Unterstützung und diente insgesamt auch dem Kennenlernen von Mitgliedern untereinander.

Mit einem Informationsstand waren vertreten:

  • Christoph Sippel – Eurofins, für die lebensmittelchemischen- und sensorischen Qualitätsstandards unserer Olivenöle
  • Steffen Hruschka – GEA in Oelde, für das Entwicklungsprojekt einer Kreislaufwirtschafts-Olivenmühle bei Josep Maria Mallafré in Katalonien
  • Mathias Fiedler und Ingo Voss – Zentralverband deutsche Konsumgenossenschaft e.V., in dem arteFakt Mitglied ist
  • Vivien Schmidt – FH Münster, im Rahmen ihres Praxissemesters, das sie bei arteFakt ableistet, stellte sie erste Rechercheergebnisse zum Kostenvergleich des jetzigen Versandkartons und einer mehrfach verwendbaren Versandverpackung mit der Rücksendung vor.
  • Conrad Bölicke – arteFakt Vorstand, für die Entwicklung von Projektvorhaben zur Beeinflussung des Mikroklimas, der verbesserten Wasserspeicherfähigkeit und eines verbesserten aktiven Bodenlebens mit größerer Biodiversität zur Steigerung der Resilienz der Olivenhaine mit Methoden der Agroforstwirtschaft.
  • Franziska Schnakenberg und Jakob Steffens – aus dem arteFakt Nachwuchsteam, für die Konzeption von internationalen Ernte-, Pflege- und Forschungscamps rund um die Olive für und mit der jungen Generation am Beispiel des ersten derartigen Camps in Apulien.
  • Manuela Di Bari (arteFakt) und Anja Lennarts (Loki Schmidt Stiftung), zu den Moorschutzaktivitäten im Wittmoor, nördlich von Hamburg, mit einer Auswahl der von Schüler*innen erstellten Bilder einer Wanderausstellung zum Moor. Ein von arteFakt gefördertes Schülerprojekt in Kooperation mit der Loki Schmidt Stiftung.
  • Frank Schmidt – Nehring-Grundschule Berlin-Charlottenburg, als Betreuender Lehrer des Schülerprojektes zur Revitalisierung des Schulgartens
  • Diana Rohrbach – Natur Pur Reisen, für die Wein- und Olivenölgenussreisen, die sie in Zusammenarbeit mit arteFakt organisiert, aktuell nach Sizilien und in die Toskana.

 Die Generalversammlung

Das vollständige Protokoll der Generalversammlung wird in Kürze im Mitgliederbereich hinterlegt, hier vorab in Auszügen:

TEIL 1 des Geschäftsberichtes des Vorstandes zum Geschäftsjahr vom 1. November 2021 bis zum 31. Oktober 2022

Stand der Mitgliederentwicklung

Im Geschäftsjahr 2021/22 waren 144 neue Mitglieder eingetreten und 2 ausgetreten, damit zählte die Genossenschaft 962 Mitglieder. Bis Stand heute sind weitere 20 Mitglieder dazugekommen. Die 982 Mitglieder halten als Geschäftsanteile den eingezahlten Betrag in Höhe von 1.417.500,00 Euro.

Bericht

Wie für uns alle war das Geschäftsjahr durch die äußeren Faktoren der multiplen Krisen von größerer Unsicherheit geprägt und innerbetrieblich stehen wir vor den An- und Herausforderungen des Generationenwechsels.

  • Klimawandel und Ernteausfall

Der Klimawandel erfasste mit seinen Folgen erstmals alle mediterranen Regionen zugleich und dadurch waren auch alle unsere Oliviers mit hohen Ernteausfällen zwischen 30 % und 90 % davon betroffen. Besonders schlimm traf es Dimitrios Sinanos (Olivenöl No.23), der statt durchschnittlich 25.000 nur 1.500 Liter erzeugen konnte und Graziano Decimi (Olivenöl special Moraiolo), bei dem es statt durchschnittlich 16.000 nur 1.000 Liter wurden. Mit dem OlioSoli von einem Euro pro Liter als Preisaufschlag auf alle Olivenöle für eine Soforthilfe hatten wir darauf reagiert. Lesen sie dazu den Bericht in den Auskünften 2023, hier klicken …. Auch im Namen der Oliviers, die das kaum fassen konnten eine derartige Hilfe zu bekommen, bedanken wir uns ganz herzlich für Ihre solidarische Unterstützung.

  • Krieg in Europa

Die Herausforderungen in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine mit den bekannten Folgen allseitig drastisch gestiegener Preise und den Reaktionen darauf auch mit größerer Konsumzurückhaltung, bekamen auch wir zu spüren und es hat unser Jahresergebnis mit einer Unterdeckung beeinflusst.

  • Steigende Preise und Konsumzurückhaltung

Durch unser Kampagnenkonzept im Jahresrhythmus erreichten uns die Lieferkettenprobleme und die drastisch gestiegenen Preise für Papier, Glas, Kanister und Transport zunächst nicht, da wir unsere Jahresvorräte bereits vor dem Überfall in unserem Lager hatten. Erst mit Nachbestellungen und den Vorbestellungen für die Olivenölkampagne 2023 erreichten uns diese Steigerungen in vollem Umfang. Die Verbraucherpreise hielten wir daher noch für die Kampagne 2022 und planten Preiserhöhungen erst für neue Kampagne ’23 vorzunehmen.

Mit einer deutlichen Erhöhung der Frequenz unserer Newsletter, mehrfach im Zusammenhang mit Aktionsangeboten, die sich nicht nur auf Preisermäßigungen bezogen, konnten wir stärkere Ausschläge im Umsatzrückgang auffangen. Unerwartet erfolgreich war dabei die solidarische Aktion der 3 kg Bio-Nudelpakete aus Apulien. Mit ihr wollten wir etwas an die Treue der arteFakt-Freunde zurückgeben und die Vorteile einer genossenschaftlichen Gemeinschaft aufzeigen und gaben die Nudeln zum Einkaufspreis ab und verzichteten vollständig auf unsere Marge. Allen arteFakt-Freunden und nicht nur den Mitgliedern hatten wir diese Aktion zugänglich gemacht und es wurden dann knapp 3,3 Tonnen der Pasta bestellt.

Wanderung in den Qualitäts-Kategorien

Mit der seinerzeitigen Umstellung unserer Qualitätsklassifizierungen, in Analogie zu der von Weinen, in special, selection, classic und basic konnten wir bei den Bestellungen ein Ausweichen von den höherwertigen Qualitäten der selection-Olivenöle auf die die darunter liegenden Qualitäten feststellen. Sicher hat diese Ausweichmöglichkeit mit dazu beigetragen, dass wir zusammengeblieben sind. Das Segment der Individual-Besteller*innen ist damit recht stabil geblieben und wir konnten auch neue arteFakt-Freunde hinzugewinnen. Weggebrochen sind dagegen Firmenkunden, die früher zu festen Anlässen Gratifikationsgeschenke für ihre Kunden und Mitarbeiter*innen bei uns bestellt hatten, darunter auch zwei größere Firmen mit höherem Umsatz.

Veranstaltungen wieder möglich

Durch die wieder möglichen Begegnungen, wie z. B. die Olivenöl-Abholtage, konnte unsere Bindungen mit Leben gefüllt werden. Die Annahme dieser Angebote blieb noch verhalten, so dass wir ihre Wirtschaftlichkeit wie vor der Pandemie noch nicht wieder erlangen konnten. Ein Faktor trug dabei auch die drastischen Preisanhebungen der Anbieter von Ausstellungsequipment bei, die wir noch nicht vollständig an Aussteller*innen und Besucher*innen weitergeben konnten. Insbesondere die kleineren Aussteller*innen waren wirtschaftlich nur äußerst knapp durch die Pandemie gekommen und einige haben es auch nicht geschafft.

Vielfach können wir beobachten, auch bei einigen unserer Netzwerkpartner*innen, dass sie ihre vormaligen Veranstaltungen nach der Zeit der Coronaeinschränkungen nicht wieder aufleben lassen werden und sich nur noch auf den digitalen Warenvertrieb beschränken wollen. Ein Weg, den wir in der Ausschließlichkeit nicht für richtig halten und nicht gehen werden.

U.a. in Berlin wird es mit großer Wahrscheinlichkeit die sehr beliebten Staudenmärkte im Frühjahr und Herbst im Botanischen Garten daher wahrscheinlich nicht mehr geben. Und auch unser Herbstfest der GARTENdelikatESSEN konnten wir noch nicht wieder starten, weil eines der Programmschwerpunkte und der Attraktivität der Veranstaltung das gastronomische Angebot der Zubereitungsvarianten der zur Schaugestellten alten regionalen Produkte ist. Kein Gastronom aus unserem Netzwerk konnte das personell schon wieder leisten. Wir hoffen, dass sich das in diesem Herbst besser darstellen wird.

Fazit: Vorhersehbar war, dass die Corona bedingten Sondereffekte der Gewinnmargen der beiden zurückliegenden Jahre – keine Veranstaltungskosten und Umsatzsteigerung durch „home-office“ bedingte Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten – zurückgehen würden. Die Folgen des Überfalls von Russland auf die Ukraine hatten aber auch wir nicht in der Planung, was uns auch vor bisher nicht gekannte Herausforderungen stellt, insbesondere weil sich die Einflüsse über die Zeit nicht linear, sondern arhythmisch darstellen und Planungen erschweren.

  • Generationenwechsel

Mit einigen Neueinstellungen der Generation um Dreißig vollziehen wir den Generationenwechsel. In den nächsten ein bis drei Jahren wird das noch zu Personaldoppelungen und höheren Personalkosten führen, die jedoch als investive Maßnahmen zu werten sind. Die Stammbelegschaft, die überwiegend seit Anbeginn von vor über zwanzig Jahren dabei ist, nähert sich dem Renteneintrittsalter und so werden uns viele Mitarbeiterinnen in den nächsten zwei bis fünf Jahren verlassen.

Mit dem Generationenwechsel wird es auch zu deutlichen Umstrukturierungen und Neubestimmungen von Arbeitsprozessen kommen, die sich auf die sich verändernden Bedürfnisse, Wünsche und Gewohnheiten der jüngeren Generation ausrichten werden. Das wird nicht unsere Konzeption der Erzeuger-Verbrauchergemeinschaft und unserer Qualitätsstandards betreffen, sondern mehr die Kommunikations- und Arbeitsformen mit den Anforderungen und Möglichkeiten der sich weiterhin und stärker digitalisierenden Gesellschaft. Den Wandel wollen wir weiterhin als transformatorischen Prozess gestalten, in den wir wie bisher auch Mitglieder, arteFakt-Freunde und Kunden mit einbeziehen.

 

Bericht des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 01.11.2021 bis 31.10.2022

Der Aufsichtsrat, bestehend aus den Mitgliedern Reinhard Schubert (Vorsitzender), Rigmor Stüssel (stellvertretende Vorsitzende) und Martin Bellermann als weiteres Mitglied, hat im Geschäftsjahr 2021/2022 fünfmal getagt. An allen Sitzungen hat mindestens ein Mitglied des Vorstands teilgenommen. In allen Sitzungen berichtete der Vorstand sowohl in Textform als auch mündlich über die aktuelle wirtschaftliche und personelle Lage der Genossenschaft sowie über die Planungen zur strategischen Weiterentwicklung.

Bereits früh im Jahr zeichnete sich ab, dass die multiplen Krisen auch an arteFakt nicht spurlos vorbei gehen werden. Massive Kostensteigerungen führten im Geschäftsjahr 2021/2022 zu einem Verlust. Positiv bleibt festzuhalten, dass die Umsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr, welches trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – der Corona-Krise das mit Abstand beste Jahr der gesamten Firmengeschichte war, nur geringfügig gesunken sind (-3,6 %). Das zeigt die solide Basis und Kundentreue, die es auch in Zukunft zu erhalten und weiter auszubauen gilt.

Der Verlust von rund EUR 90.000 trifft ziemlich genau die vom Vorstand geplante Erwartung und ist für arteFakt nach dem sehr guten Ergebnis des Vorjahres ohne Probleme zu verkraften. Der Vorstand hat frühzeitig reagiert und Maßnahmen ergriffen, um im Geschäftsjahr 2022/2023 nach Möglichkeit wieder ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen. Diese Maßnahmen wurden im Aufsichtsrat zusammen mit dem Vorstand ausführlich diskutiert und werden vom Vorstand regelmäßig mittels der „Auskünfte“ und in Rundmails auch den Mitgliedern und Kunden gegenüber transparent erläutert.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Aufsichtsrats betraf die Vorstandsbesetzung. Durch das Ausscheiden von Heiko Gerken musste sich der Aufsichtsrat um die Neubesetzung und Erweiterung des Vorstands kümmern. Dazu wurden Gespräche mit externen und internen Kandidaten geführt, die im ersten Quartal 2023 mit der Berufung von Frau Manuela Di Bari und Herrn Jakob Steffens zu weiteren Mitgliedern des Vorstands abgeschlossen wurden. Die entsprechenden Verträge sind unterschrieben und das Verfahren der Bestellung läuft. Ein wichtiger Aspekt dieses Prozesses war die Wahrung der besonderen Kultur und der solidarischen Ziele von arteFakt, die in der Präambel der Satzung von arteFakt festgelegt sind. Gleichzeitig muss der Generationswechsel in der Führung der Genossenschaft gelingen. Keine einfache Aufgabe in einem Unternehmen, dessen Kultur jahrzehntelang von der außergewöhnlichen Persönlichkeit und Führung des arteFakt-Gründers Conrad Bölicke geprägt wurde. Der Aufsichtsrat wünscht dem neu formierten Vorstand viel Erfolg und sichert ihm eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu, ohne dabei die Funktion „Aufsicht“ zu vernachlässigen.

Zum Abschluss gilt der Dank allen Mitarbeitenden, allen Mitgliedern, Kunden und Unterstützern, die an der Entwicklung von arteFakt mitwirken und auf die Zukunft einer solidarischen Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft setzen.

 

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