Klima, Klima, Klima …

Trockenheit und sehr hohe Temperaturen haben die Olivenblüten bei Dimitrios Sinanos verbrennen lassen.
Die Folgen des Klimawandels bleiben für unsere Oliviers und uns weiterhin die größte Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Ungewöhnliche Wetterverhältnisse mit der Folge von Missernten gab es zu allen Zeiten, sie ereigneten sich aber vorwiegend in längeren Zeitabschnitten, man sprach früher von Jahrhundertereignissen, das ist länger schon Geschichte. Jetzt schauen wir fast jährlich fragend, wen trifft es in diesem Jahr? Im Wirtschaftsjahr 2023/24 waren es die spanischen Regionen Katalonien und Andalusien mit starken Ernteausfällen von 60 bis 70% wegen langer Trockenheit oder ungewöhnlichen Frostperioden zur Blütezeit der Olivenbäume, die in den griechischen Regionen Korinth auf dem Peloponnes und auf Kreta zu Totalausfällen ihrer Ernte führten. In diesem Jahr sind es die italienischen Regionen mit Ernteausfällen von 70% und mehr. Das nur geringe Angebot war dann auch schnell vergriffen.
Gemeinschaft bleibt das Fundament
Mit unserer über die Jahre gefestigten Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft können wir den Oliviers über dadurch bedingte Notlagen auf solidarische Weise besser hinweghelfen, als es jenen ergeht, die diese Hilfen nicht haben. Das gelingt auch, weil unsere Partner-Oliviers sich ebenfalls als Gemeinschaft verstehen und wir von denen dann mehr Olivenöl beziehen können, die keine Ernteeinbußen haben. Sie helfen damit ihren Kollegen und Kolleginnen mit der von uns benötigten Menge aus und hoffen für sie, dass sie im Folgejahr dann wieder selbst liefern können. Auch sie verstehen sich als Gemeinschaft und nicht als Wettbewerber untereinander. Damit schaffen wir neben den Solidaraktionen auch die notwenigen Umsätze, die uns die wirtschaftliche Kraft geben, sie damit wiederum in Notlagen zu unterstützen. Auch das ist Kreislaufwirtschaft.

Die Oliviers bei den Olivenöl-Abholtagen 2025
Das letzte Wirtschaftsjahr konnten wir wieder mit einem positiven Ergebnis abschließen und das aktuelle Jahr verläuft bisher noch besser als das letzte. Wir konnten die Aufmerksamkeit für arteFakt steigern, wobei uns der Filmbeitrag im Februar im ZDF in der Sendereihe plan b mit dem Titel „Klimawandel auf dem Teller“ sehr geholfen hat. (In der ZDF-Mediathek ist der Beitrag noch bis März 2026 zu sehen.) Bei den kürzlichen Olivenöl-Abholtagen in Wilstedt verzeichneten wir nicht nur eintausend Besucher und Besucherinnen mehr, als dabei auch sichtbar mehr jüngere und Familien mit kleinen Kindern gekommen waren.
Wir müssen noch schneller werden
Auch wenn in der aktuellen politischen Landschaft die Klimathemen in den Hintergrund gerutscht sind, hat es in der täglichen Wirklichkeit der Oliviers und damit auch für uns weiterhin die herausragende Bedeutung. Und das ist nicht nur aus Sorge für die Zukunft der uns nachfolgenden Generationen so daher gesagt. Nach fünf Missernten mit zwei Totalausfällen in Folge klimatischer Veränderungen, wird wohl jetzt ein erster unserer langjährigen Oliviers aufgeben wollen.
Zusammen mit den Oliviers wollen und müssen wir schneller Maßnahmen finden und Änderungen vornehmen, mit denen die Olivenhaine den klimatischen Veränderungen besser trotzen können. Vorrangig sind das alles Maßnahmen, die einen Humusaufbau und damit die Wasserspeicherfähigkeit fördern. Nichts davon geht allerdings schnell. Versuchsprojekte, mit denen die richtigen Wege erkundet werden können, sind jeweils auf fünf bis fünfzehn Jahre ausgelegt. Von den Blühstreifen, die jetzt häufiger an den Rändern von bewirtschafteten Felden angelegt werden, wissen wir, dass die Natur über und unter der Erde etwa fünf Jahre benötigt, um wieder in ein natürliches Gleichgewicht zu kommen, die sich dann auch selber helfen kann. Und große Büsche oder Bäume, die Schatten spenden sollen, erreichen ihre notwendige Höhe erst nach zehn bis fünfzehn Jahren.
Agroforst-Projekte in Apulien
In Apulien konzentrieren wir gerade unsere Aktivitäten, weil sich dort in naher Umgebung zueinander Oliviers und Partner befinden, die zu verschiedenen Komponenten Musterprojekte durchführen. Die Kooperative Emanuel De Deo in Minervino die Herstellung von Pflanzenkohle aus Olivenzweigen, Olivenblättern, Mandelschalen und Hartweizenspleißen mit einer Carbon Box, die ein Mitglied unserer Genossenschaft – Walter Danner mit seinem Unternehmen Snow Leopard Projects – entwickelt und gebaut hat.
Davide Colasanto, der als Geschichtsdozent lange an der Universität in New York tätig war und jetzt in Ruvo mit seinen Cousins eine Regenwurmzucht zur Humusgewinnung betreibt.
Giuseppe Lombardi in Andria, der den ersten BIO-Verband in Apulien gründete und jetzt erste Agroforstmaßnahmen auf seinen Oliven- und Obsthainen einleitet.
Giuseppe Sannicandro in Palombaio, der als Entwickler und Dozent für Permakultur und Agroforstwirtschaft durch die Welt gereist ist und derartige Projekte in Südamerika und Afrika durchgeführt hat und nun auf seinem elterlichen Hof die Forschung mit der Anlage kleinerer Modellflächen dazu vertieft. Giuseppe unterstützt uns auch bei der Einrichtung und Pflege der Agroforstmodellanlagen auf unserem Patenschafts-Olivenhain, der auch in Palombaio liegt. Aktuell besprechen wir diese Einzelmaßnahmen zu einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt zusammen zu fassen und dafür Fördergelder aus regional vergebenen EU-Töpfen zu akquirieren.
Die dafür notwendigen Vorlaufkosten, um das beginnen zu können, finanzieren wir aus den gespendeten „1-Euro-Klimatalern“ und dem „Klima- und Generationen-Zukunftsfonds“ der Genossenschaft, in den jedes Jahr mindestens 30% der Unternehmensgewinne überführt werden müssen. Wenn diese Mittel nicht reichen, wenden wir uns mit einem entsprechenden Unterstützungsaufruf an alle arteFakt-Freunde und -Freundinnen.
Vom Abfall zum Wertstoff

Fabio Frerking, studentischer Praktikant der Hochschule Bremen bei ersten Untersuchungen zu Polyphenolgehalten in der Olivenmühle bei Josep Maria Mallafré.
Wir gehen auch neue Wege, wollen innovativ bleiben und suchen dafür neue Partner und Partnerinnen in Universitäten, dem Gewerbe und der Industrie. Mit der Verwertung der bisher als Abfall behandelten Reststoffe zu Wertstoffen, die bei der Gewinnung der Olivenöle in der Mühle anfallen, möchten wir eine vollständige Kreislaufwirtschaft erreichen. Ebenso wie bei der Agroforstwirtschaft, bei der mit der vollständigen Bewirtschaftung der Böden mit weiteren Nutzpflanzen die Oliviers weitere Einkommensmöglichkeiten bekommen, geht es auch hier um den Aspekt weiterer Einkommensmöglichkeiten. Wegen der Oxidationsempfindlichkeit der Reststoffe wird ihre erste Wertschöpfungsstufe zur Konservierung oder Aufbereitung in der Olivenmühle stattfinden müssen. In Zusammenarbeit mit Josep Maria Mallafré in Katalonien, mehreren Technologieunternehmen und drei deutschen Universitäten, die zu dieser Entwicklung Beiträge liefern könnten, ist dazu ein dreijähriger Forschungsantrag für Mittel eines Industrieförderprogramms eingereicht worden.
Mit all diesen Aktivitäten wird sich arteFakt über den Geschäftsbereich der Olivenölkampagne hinaus zu weiteren Geschäftsfeldern mit- und weiterentwickeln. Dass wir das alles als doch relativ kleines Unternehmen anpacken können, ist in der Unternehmenskultur der Gemeinschaft begründet und auch in der Fortentwicklung zur arteFakt-Genossenschaft, die unser Fundament ideell und in der Finanzausstattung gestärkt hat. Als Basis favorisieren wir dafür weiterhin das Zusammenkommen kleiner Beiträge von Vielen, als große Beiträge von Wenigen. In Summe des Geldes kommt dabei vielleicht dasselbe heraus, inhaltlich aber sehr viel mehr. Die Lebendigkeit, das Wissen, das Können, die Kreativität und die Vielfalt der Vielen ist oft wertvoller als das Geld.
In diesem Sinne wünschen wir uns Sie weiter an unserer Seite zu haben.
Herzlichen Dank und mit ebenso herzlichen Grüßen
Ihr
arteFakt-Team
Schon die Vorphase der Gründung von arteFakt im Jahre 1986 war eine politische. In der Methodik des sozialwissenschaftlichen Ansatzes der Aktionsforschung (Forschen durch teilnehmende Beobachtung) sollte in einem dreijährigen Projekt die Gründung von Kleinstunternehmen verfolgt werden. Es war der Versuch damit freigesetzten Arbeitnehmer*innen in Folge der Einführung von „lean-management-Strategien“ eine Perspektive jenseits des Arbeitsamtes aufzuzeigen. Es war nicht nur gedacht dabei Fähigkeiten zur Gründung zu erlangen, sondern auch die Fähigkeit zum Freiberufler. Mit der „lean-management-Strategie“ (vielfacher Abbau von Leitungsstrukturen) war bereits damals ersichtlich, dass dann zukünftige Arbeitnehmer*innen sich selbst im Arbeitsprozess organisieren können müssen und Teamarbeit weiter in den Vordergrund rücken würde. Dann also all das, mindestens rudimentär, können müssen, was auch Unternehmer*innen und Freiberufler*innen können müssen. Das war eine Antwort auf gesellschaftliche Entwicklungen und natürlich wird das dann auch politisch, weil damit eine Position zu dieser Entwicklung bezogen wird, die dann oft auch nicht oder noch nicht mehrheitsfähig ist. Es ist inhaltlich und sprachlich falsch das als „Ideologie“ zu bezeichnen. Auf Veränderungen zu reagieren ist immer auch politisch, ideologisch wird es erst dann, wenn aus den Positionen ein geschlossenes System gebildet wird, dass nicht nur abgrenzt, sondern ausgrenzt und ein geschlossenes Weltbild hervorbringt.
Auch die Gründung von arteFakt nach der Forschungsphase war dann der Versuch einer Antwort auf gesellschaftliche Verhältnisse. Olivenöl war und ist das am meisten mit Betrug behaftete Lebensmittel, sehr zum Schaden der kleinen und familiengeführten Olivenlandwirtschaften. Mit der Gründung von arteFakt als Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft (EVG) wollten wir dem Betrug und seiner Wirkung etwas entgegen setzen. Ja, EVG´s waren ein Gegenentwurf auch zu den Marktverhältnissen und den Supermärkten, besonders den Discountern mit ihren Geschäftsgebaren und sind es heute noch. Ihr Name und ihre Konzepte haben sich weiter entwickelt und werden heute als Solidarische Landwirtschaft bezeichnet (SoLaWi). Es geht gar nicht anders als hierbei Positionen zu beziehen, die Kleinen gegen die Großen wird das oft in verkürzter Form genannt und damit ist man immer politisch. Wir haben unsere Positionen und unsere Ziele dabei immer offensiv formuliert, dafür zunächst ein jährliches Magazin und später dann zwei mal im Jahr eine Zeitung herausgegeben, heute als Faltblätter noch im Printformat und jetzt immer öfter in digitalen Formaten, die wir bis heute als „Auskünfte“ titulieren.
Der Übergang der arteFakt GmbH zur arteFakt Genossenschaft selbst ist schon ein politischer Akt und in der Präambel der Satzung wird unverkennbar klar, dass dies ein Beitrag gegen den Klimawandel und seine Folgen sein soll. Auch hier beziehen wir Positionen, die in der gesellschaftlichen Diskussion sind und bleiben daher weithin politisch.
In all den Jahren haben wir Position bezogen, uns damit auch von anderen abgegrenzt, nicht aber ausgegrenzt. Man muss unsere Positionen nicht teilen, um Olivenöl bestellen zu können. Man muss sich damit auch nicht zu erkennen geben, tut man es dennoch, hat das keine Auswirkung auf eine zuvorkommende und freundliche Serviceleistung unsererseits. Auch zwischen Mitgliedern (mittlerweile etwas über 1.000) und Nichtmitgliedern machen wir keine Unterschiede bei ihrem Kauf unserer Olivenöle und weiteren Produkten.
Man muss auch nicht verstehen, dass sich die Qualität der Olivenöle vorrangig aus diesen unseren Positionen und der Gemeinschaft ergeben haben. In all den Jahren das aber nicht mitbekommen zu haben und es jetzt beim Klimathema wohl erstmals zu bemerken, um uns dann Ideologie vorzuwerfen und „Adieu“ zusagen, spricht für ein jahrelanges Missverständnis zwischen uns. Wir hätten Sie mit ihrer dabei geäußerten Position, die sie recht konträr zu unserer formulieren, weiterhin nicht ausgegrenzt, ihnen eher ein Diskursangebot unterbreitet. Vielleicht sind sie der Ideologie selbst aber näher, als Sie uns das vorwerfen und schöpfen daraus für sich selbst die Einschätzung und Sicherheit keinen Diskurs zu brauchen. Dann geht es Ihnen aber auch nicht um den Genuss der Qualität unserer Olivenöle und den dahinter stehenden Oliviers.
Conrad Bölicke (arteFakt-Gründer und heutiger Vorstand der Genossenschaft)
Liebe arteFakt Genossenschaft,
lange Zeit habe war ich nicht auf den Seiten von arteFakt Genossenschaft gewesen. Ich gehörte zu den vermutlich eher frühen Kunden, die gerne das gute Olivenöl kauften, gerne das eine oder andere Projekt direkt und indirekt unterstützt sahen und die die Idee der Genossenschaft sehr begrüßen.
Jetzt hat die Debatte um den Klimawandels ebenfalls bei ArteFakt einen Raum gefunden. Auch wenn es Euch nicht gefällt und nicht überzeugt, ich glaube nicht an den Klimawandel. Ich glaube, dass es immer wieder gutes, schlechtes, zu heißes, zu kühles und im langfristigen Mittel ziemlich normales Wetter gibt. Gewiss mit Schwankungen. Gewiss mit Schäden für die Olivers. Gewiss mit Argumenten und Gegenargumenten. Aber es macht inzwischen wenig Sinn, gegenseitig auf die Pro- und Contra-Positionen, die es eben auch in den Wissenschaften hierzu gibt, zu verweisen.
Ich möchte als Durchschnittskunde nur gutes Olivenöl beziehen, aber keine ideelle Orientierung am Klimawandel oder gar völlig produktfremde Projekte wie zu Ukraine indirekt mittragen. Warum sollte ich das? Was ich als Kunde möchte, ist kleine engagierte Olivers als Produzenten sehen, ihnen gerne solidarisch in Notfällen helfen, aber keinen Dr. Habeck – hier als ideologisches Symbol gemeint. Ich möchte gerne zu mir passende und hervorragende Produkte der arteFakt Genossenschaft kaufen, aber keine Ideologie im Hintergrund unterstützen. Eine Ideologie, die mich eher befremdet und nicht zu mir passt.
Schade und Adieu,
Christian Zechert
Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre offene Kritik. Wir führen keine ideologische Diskussion zum Thema Klimawandel. Es geht uns nicht um Ursachenforschung beziehungsweise wer dafür verantwortlich gemacht werden könnte. Uns geht es um die unmittelbaren Auswirkungen auf die Landwirtschaft und somit auf die Ertragsmöglichkeiten unserer Oliviers.
Der Klimawandel existiert – und in den südlichen Regionen Europas ist er noch stärker zu spüren als in Deutschland. Eine allgemeine Zusammenfassung der klimatischen Grunddaten kann hier nachgelesen werden: wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klimaänderungen_im_Mittel. Seit 1980 stieg die durchschnittliche Temperatur um über 1 Grad, natürliche Schwankungen haben abgenommen und die Temperatur tendiert immer mehr zum oberen Maximum. Ebenfalls haben die Niederschläge abgenommen. Beides führt zu massiven Veränderungen in der Landwirtschaft. Und wer nicht aktiv dagegen steuert, wird seine Existenzgrundlage verlieren. In Folge gibt es weniger Olivenöl und ebenfalls in Folge ist auch das Geschäft von arteFakt oder anderen Händlern stark gefährdet.
Deshalb unterstützen wird beispielsweise Projekte zu Agroforst, Humusbildung oder dualem Anbau. Ebenso wichtig ist Wissenstransfer, wofür wir uns ebenfalls stark engagieren. Große Handelsriesen verschweigen all diese Probleme, denn schlechte Nachrichten sind grundsätzlich schlecht fürs Geschäft. Wir als kleines Unternehmen können die klimatischen Veränderungen nicht aufhalten. Wir können jedoch für das Thema sensibilisieren und unterstützen unsere Oliviers wo wir können. Dies ist unser Credo seit der Unternehmensgründung vor über 25 Jahren: wir sind eine Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft.