Genossenschaft-Mitglieder-Rundbrief vom 22. August 2022

Wilstedt, 22. August 2022

 Guten Tag liebe Mitglieder,

die Zuspitzung mehrerer Krisen zugleich bringt etliche unserer gewohnten „Selbstverständlichkeiten“ ins Wanken. Hinzu kommt ja, dass wir die Krisengeschehnisse nicht, wie in den letzten Jahrzehnten, nur in der Ferne wahrnehmen sondern auch vor unserer Haustür erleben. In den Medien sind es die beherrschenden Themen, und auch im Urlaub kommt man an den Bildern und Nachrichten vom Klimawandel, dem Kriegsgeschehen, den Versorgungsunsicherheiten und den finanziellen Entwicklungen nicht vorbei.

In Folge der Verunsicherungen durch diese Gemengelage reagieren viele jetzt mit Einschränkungen ihres Konsums, bei Lebensmitteln überproportional hoch im Segment der Bio- und Qualitätsprodukte des alltäglichen Bedarfs. Auch wenn wir unsere Preise nicht erhöht haben macht sich das auch bei uns stärker bemerkbar als erwartet bzw. erhofft. Wir sehen uns damit vor Herausforderungen gestellt, wie wir sie seit der Gründung von arteFakt noch nicht bestehen mussten. Unsere Genossenschaft betrachte ich in dieser Entwicklung nicht als gefährdet, im Gegenteil werden es gerade die Kraft und der Ideenreichtum der Gemeinschaft sein, die uns durch die absehbar längere Zeit der Unsicherheit bringen werden. Das wird sich aber nicht von alleine ergeben und nicht ohne Experimente für Neues und für Veränderungen vonstatten gehen. Vor allem werden wir die Anstrengungen, die nötig werden, nicht einfach nur als Dienstleistungen des Vorstandes und der Mitarbeiter*innen für die Mitglieder anbieten können. Wir werden vielmehr gemeinsam handeln und uns zu einer aktiven Gemeinschaft auch unter uns als Mitgliedern entwickeln müssen, wo wir bisher überwiegend individuell und solidarisch nur gegenüber den Produzenten waren.

Im letzten offenen Mitgliederrundbrief und Newsletter haben wir die Debatte für erste Ansätze und neue Ideen eröffnet, an denen sich alle auf unserer offenen Mitgliederseite hier im Genossenschaftsbereich beteiligen können. Im September wird Dieter Bensmann zum ersten digitalen Treffen einladen, um gemeinsam die eingegangenen Vorschläge zu sortieren und so zu konkretisieren, dass ihre Umsetzung in Angriff genommen werden kann.

Kann ich als Mitglied schon jetzt etwas unterstützend tun?

Beim Olivenöl haben wir es mit einem zwar haltbaren aber vergänglichen Lebensmittel zu tun, und wie sich die aktuelle Entwicklung darstellt, werden wir wohl in der diesjährigen Kampagne mehr Olivenöl zur Verfügung haben, als aus den genannten Gründen abgerufen werden wird. Sie könnten schauen, ob ihre Vorräte noch bis zum März 2023 reichen werden und ob Sie sie gegebenenfalls jetzt schon auffüllen möchten. Einen Einkauf aus Solidarität über den wirklichen eigenen Bedarf hinaus zu tätigen, wäre allerdings kein guter Ansatz. Es würde das Problem nur verschieben und Sie würden sich die Freude des Olivenöls der neuen Ernte im April 2023 nehmen. Suchen Sie Freunde und Bekannte in ihrem Umkreis für unsere Olivenöle zu gewinnen, gern auch zunächst mit einer Bestellung über Sie mit Ihrem Vorteil des Genossenschaftsrabatts von 5%.

Wenn auch Sie auf die beschriebene Situation mit einer Konsumzurückhaltung bei unseren Olivenölen reagieren, würden wir gern von Ihnen hören. Vielleicht schildern Sie uns Ihre Situation, aus der sich dann Ansätze für Lösungen ergeben könnten.

Eine zivilgesellschaftliche Idee zur Gerechtigkeitsverteilung

Über die Verteilungsstruktur der aktuellen Entlastungshilfen der Bundesregierung ärgere ich mich, weil sie unabhängig vom Einkommen in gleicher Höhe ausgezahlt werden. Warum erhalte ich mit meinem gehobenen mittelständischen Einkommen den gleichen Betrag wie nebenher jobbende Studierende oder eine alleinerziehende Mutter mit einer Halbtagsstelle? Warum bekomme ich in meiner Situation überhaupt eine Entlastungshilfe, wo für relevante Kreise in unserer Gesellschaft diese Hilfe keine wirkliche Entlastung ihrer Situation bedeuten wird? Darüber debattiere ich jetzt häufig mit Freunden und auch Besucher*innen in unserem Hofladen und viele sehen es ähnlich. Letzte Woche sagte ein Besucher dabei dann trocken: „Na, dann geben sie die 300 Euro Energiepreispauschale, die im September ausgezahlt werden wird, doch einfach wieder zurück.“

Einige Tage hat es in meinem Kopf rumort. Dann hat sich folgende Idee daraus entwickelt: Bei den Projekten, die wir derzeit mit den Oliviers zur Verbesserung der Böden, ihrer Wasserspeicherfähigkeit und einer insgesamt gesteigerten Resilienz gegen den Klimawandel vorbereiten, werden wir nur das Mikroklima beeinflussen können, mittelfristig wohl auch regionale Klimata, nicht aber das Weltklima insgesamt. Vergleichbares gilt auch für unsere Einflussmöglichkeiten auf die jetzigen politischen und wirtschaftlichen Zuspitzungen. Auch hier kann unser Handeln zunächst nur auf das Mikroklima einwirken, einem solidarischen Zusammenhalt unter uns.

An wen könnte ich also die jetzigen 300 Euro Energiepreispauschale, die ich eigentlich nicht benötige, zurückgeben bzw. weiterleiten? Studierende in Nachhaltigkeitsstudiengängen fallen mir ein. Ihre Fachkenntnisse und ihr gesellschaftliches Engagement werden wir und unsere Kinder dringend benötigen. In Anknüpfung an meine obigen Ausführungen würde ich es dann als Zuwendung in Form von ein bis zwei Litern nachhaltig erzeugten und zu fairen Preisen angebotenen Olivenöls aus unserem Portfolio weitergeben. Eine kleine Unterstützung für ihre Haushaltsführung mit einer Qualität, die sie gerade studieren, sich meistens aber selbst noch nicht leisten können.

Wenn mir nur 1% der arteFakt-Freunde dabei folgen, könnte diese Beihilfe bis zu 3.000 Studierende erreichen. Ausgewählt sollten sie von Institutionen ihrer Fachrichtung an Fachhochschulen und Universitäten werden, zu denen wir bereits entsprechende Kontakte pflegen oder gerade aufbauen. Zugleich würden wir sie dadurch mit unserer Genossenschaft und den Nachhaltigkeitsprojekten mit unseren Oliviers bekannt machen können. Sicher werden sich etliche von ihnen auf die eine oder andere Weise für das gespendete Olivenöl bedanken wollen. Das könnte die Zusendung des Rezeptes ihrer ersten Speisezubereitung mit dem Olivenöl sein oder die Unterstützung unserer Projekte, auch als Studienarbeit, einem Praktikum oder einer Bachelor- oder Masterarbeit, diese dann aber aus anderen Mitteln auch vergütet.

Ich werfe meine 300 Euro Energiepreispauschale also mal in den Ring und schlage eine Crowdfunding-Kampagne dazu vor. Wenn mir 50 Mitglieder der Genossenschaft, was nur 5% wären, dabei folgen würden, würde ich die Kampagne durchdeklinieren, sie allen arteFakt-Freunden vorstellen und sie gleich im September starten.

Schreiben Sie mir, was Sie davon halten, was Sie empfehlen würden und ob Sie sich eine Beteiligung vorstellen könnten. Die 300 Euro Energiepreispauschale ist der Bruttobetrag, selbstverständlich wäre die Beteiligung daher als Nettobetrag individuell variabel.
Schreiben sie per Email unter der Adresse genossenschaft@artefakt.eu.


Mit genossenschaftlichen Grüßen
Ihr
Conrad Bölicke (Vorstand)

Keine Kommentare bis jetzt.

Schreibe einen Kommentar